Urteil des FG Hessen zur Rückwirkung von Abfindungsbesteuerung

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2024
FG Hessen, Pressemitteilung vom 16.01.2024 zum Urteil 10 K 1421/21 vom 21.11.2023 (nrkr - BFH-Az.: VI R 3/24)

Ein aktuelles Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 21.11.2023 (Az. 10 K 1421/21) hat erneut die Diskussion über die Rückwirkung von Steuergesetzen entfacht. In dem Urteil geht es um die Besteuerung von Abfindungszahlungen, die auch dann in Deutschland versteuert werden müssen, wenn der Empfänger seinen Wohnsitz bereits ins EU-Ausland verlagert hat.

Das Urteil bezieht sich auf § 50d Abs. 12 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der seit dem 01.01.2017 in Kraft ist. Nach dieser Regelung hat Deutschland das Besteuerungsrecht für nachträglich ausgezahlte Abfindungen, unabhängig davon, ob der Wohnsitz des Empfängers noch im Inland ist. Dies gilt sogar für Fälle, in denen die Abfindungsvereinbarung bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung getroffen wurde. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass diese Regelung weder gegen EU-Recht noch gegen das Verfassungsrecht verstößt.

Informationen

Der Fall, der vor Gericht verhandelt wurde, betrifft eine Arbeitnehmerin, die im Jahr 2016 ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendete und eine Abfindung vereinbarte. Die Auszahlung erfolgte jedoch erst im Folgejahr, zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin bereits nach Malta gezogen war. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2017 unter Berücksichtigung des geänderten Wohnsitzes und der gezahlten Abfindung fest. Die Klägerin argumentierte, dass eine Besteuerung in Deutschland unzulässig sei, da die Regelung des § 50d Abs. 12 Satz 1 EStG zum Zeitpunkt der Vereinbarung und ihres Umzugs nach Malta noch nicht existiert habe und nicht absehbar gewesen sei.

Das Gericht wies die Klage ab und argumentierte, dass im Steuerrecht eine verbotene Rückwirkung im Grundsatz nur vorliegt, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Änderungen von Gesetzen, die erst in einem nachfolgenden Besteuerungszeitraum gelten, seien hingegen regelmäßig zulässig. Im Einkommensteuerrecht finden Rechtsänderungen typischerweise veranlagungszeitraumbezogen statt, sodass Steuerpflichtige im Regelfall keinen Vertrauensschutz in die Weitergeltung einer (alten) Regelung haben.

Die Entscheidung des Gerichts betont auch, dass die Klägerin es versäumt habe, sich gegenüber ihrem Arbeitgeber eine Auszahlung im Jahr 2016 vorzubehalten, was möglicherweise zu einer steuerfreien Auszahlung geführt hätte. Die Abwägung des Vertrauens der Klägerin auf Fortgeltung der alten Rechtslage mit dem durch die Gesetzesänderung verfolgten Interesse der Allgemeinheit an der Sicherung des Steueraufkommens habe das Gericht dazu veranlasst, das legitime Allgemeininteresse höher zu bewerten.

Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Revision (Az. VI R 3/24) über dieses Urteil entscheiden wird. Bis 2016 konnte eine anlassbezogene Abfindung in Deutschland vollständig steuerfrei sein, wenn der Zahlungsempfänger bei Zufluss seinen Wohnsitz in einem Land hatte, welches nach einem Doppelbesteuerungsabkommen vorrangig das Besteuerungsrecht hatte. Mit der Einführung von § 50d Abs. 12 EStG ab dem 01.01.2017 unterliegt auch die anlassbezogene Abfindung in Deutschland der Einkommensteuer, indem die Abfindung als nachträglicher Arbeitslohn behandelt wird.

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